Petrachtungen

Anna und Inga

Februar 10th, 2014

Jetzt ist das ja so – sie liebt sie. Und sie liebt sie. Ich weiß es. Weiß es von diesem kurzen Moment. Zehn Sekunden, nicht mehr. Dann die Trennung. Daher die Gewissheit. Inga liebt Anna und umgekehrt.
Anna hielt die rote Blüte fest in ihren Händen. Sie war gemacht für ihre Erscheinung. Das wusste Inga. Sie hatte sie ihr heute geschenkt, als sie gemeinsam den Nachmittag verbrachten. Nicht anders kann es gewesen sein. Anna trug noch immer die Schuhe ihrer Mama – die mit den kleinen Absätzen. Dazu weiter Rock und roter Hut. Alles ein bisschen zu groß. Sie lachte wunderbar gelöst. Wie herrlich waren die vergangenen Stunden.
Anna rief laut „Tschüss, Inga!“ und winkte aufgeregt. Inga winkte Anna aufs Heftigste zurück. „Tschüss, Anna!“ Die Türen der Bahn schlossen sich, noch ehe Inga ein weiteres Mal antworten konnte. Also öffnete sie die Tür noch einmal. Zu wichtig war es ihr zu sagen: „Tschüss, Anna! Komm mich ganz bald besuchen, Anna!“
Zehn Sekunden, nicht mehr. Dann die Trennung. Daher die Gewissheit. Inga liebt Anna und umgekehrt. Ich weiß es.

In silence and thrills

Dezember 6th, 2013

Jetzt ist das ja so – zu leicht übersehen wir den Zauber. Freude und Täuschung. Stille und Aufregung. Gegensätze, die das Wundersame ausmachen. Sie sind uns selbstverständlich geworden. Durchdrungen von Illusionen können wir Echtes und Unechtes kaum noch unterscheiden.

Bleib wachsam, sage ich dir. Oder willst du, dass dir der Blick für Zauberhaftes gänzlich abhanden kommt? Sollst doch noch fühlen können, wenn für dich das Unvorstellbare sichtbar wird. Oder wenn dir ein Wundermacher die Tür zu einer Parallelwelt öffnet. Wäre es nicht schade, dann zu verpassen für den Moment einzutreten?

Ich frage mich, wie es wohl wäre, die Magie einer recht viel früheren Zeit zu erleben. Also schaue ich mir Fotos der großen Illusionisten um 1900 an. Stelle mir vor, bei einer ihrer Vorführungen dabei zu sein. Mit diesem Gedanken schlägt mein Herz schneller.

Lies doch bitte meine Gedanken, rufe ich. Und ich kann fühlen, dass er mich hört. Kann fühlen, wie er mich in die andere Welt führt. Erst all die Bilder. Dann die Verzauberung in meinem Kopf. Es ist wunderbar ruhig. Es ist wunderbar aufregend. Hier beginnt seine Magie.

Dazwischen

November 22nd, 2013

Sein Name lag sanft auf ihr,
einer dünnen Decke gleich.
Neben ihr:
die dicke schwere Decke.

Verweht

November 16th, 2013

Sieh das Blatt, wie es im Wind weht.
Das einzig übrig gebliebene.
Wie inständig es sich am Baum festhält.
Das Blatt gehört zu ihm,
bleibt bei ihm.
Die anderen taten anders.

Aber der Wind, der Wind.

Sieh das Blatt, wie es im Wind weht.
Das einzig übrig gebliebene.
Wie ausgelassen es doch mit dem Wind tanzt.
Das Blatt vergisst
und es verweht.
Die anderen taten ganz gleich.

Weil der Wind, der Wind.

Hört, hört!

November 15th, 2013

P. liest am 15. Dezember 2013, 18 Uhr Petrachtungen. Seid willkommen im Erdgeschoss Kaffeekultur, Wallstraße 15, 01067 Dresden.

Thanx to Sash Lewis.