Petrachtungen

Ungeduldiges Herz

August 7th, 2016

Sie möchte fühlen
Jetzt und laut
Hat Sehnsucht
Sie ist ihr vertraut

Das Herz voll Ungeduld
Giert nach Erfüllung
Sucht nach fremder Schuld
Und nach Berührung

Der Puls wild
Unruhig der Blick
Das erlösende Bild
Es ist noch ein Stück

Es ist noch ein Stück

Zwei ältere Damen von Welt

Juli 24th, 2016

Zwei ältere Damen
Ein bisschen nervös
Weil doch der Bus viel zu spät
Und der Anschluss weiter nach Bremen in Gefahr

Schimpfen heftig
Ich halte mir die Ohren zu
Doch da dringt noch Schimpfen durch

Im Nachhinein gut so
Weil mein Bild von ihnen auf einmal versöhnlich

Schimpfen über die Dummheit der Menschen
Nach zwei Weltkriegen nichts gelernt
Möchte mitschimpfen

Ach Welt

Mehr Mensch bitte

September 22nd, 2015

Sie sagen, es seien zu viele Menschen
Sie selbst sind menschenleer
Voller Mensch hingegen jene die sie verfluchen
Verrückt, wenn man so darüber nachdenkt
Wer hätte denn mehr Grund den Glauben an Gerechtigkeit im Leben zu verlieren
Fange an, mich für die besorgten Bürger zu schämen
Nein eigentlich höre ich damit auf
Dafür ist keine Zeit
Es warten Begegnungen, die erfüllen
Mit Menschen, die sich auch wie solche anfühlen
Zu viele?
Nicht genug!

Hier an meinem Fenster

Mai 15th, 2015

Ein Blick ins Fenster. Lässt dich beiläufig teilhaben. Für einen kurzen Moment jeden Tag. In gewisser Weise also vertraut die Nachbarn. Was wohl die Amerikaner machen? Ihr Balkon sieht nach Frühling aus. Schon ein paar Jahre her, dass wir uns kennengelernt haben. Damals sogar zuerst auf der Straße und erst später am Fenster. Genau genommen war es nicht auf der Straße, es war auf der Brücke, dem Blauen Wunder. Wie ich so geeilt bin mit der schweren Lampe in der Hand. Vom Flohmarkt bis hierher hatte ich es geschafft. Nur noch ein paar Meter. Hab immer wieder abgesetzt. Geeilt. Abgesetzt. Geeilt. Und so weiter. Dann hatte er mich eingeholt. Selbst außer Atem. „Warum rennen Sie denn so? Ich wollte fragen, ob Sie vielleicht Hilfe brauchen? Ich kann die Lampe für Sie tragen.“ sprach er mich an. Alles an dieser Situation gefiel mir. Das Bild, was ich abgegeben haben muss, seine Unermüdlichkeit helfen zu wollen und die Aussicht, nicht mehr schwer tragen zu müssen. Wir kamen ins Plaudern. Hab mir gemerkt, dass er an der Oper singt. Seine Frau und er waren damals erst kürzlich hergezogen. Am Ende stellte sich heraus, dass wir uns gegenseitig in die Fenster schauen können. So verabschiedeten wir uns. Denke gern daran zurück. Der Blick auf ihr Fenster macht mir das Erinnern einfach. Der nächste Nachbar einen Balkon weiter. Da ist er gerade. Für eine seiner nun seltener gewordenen Zigarettenpausen. Weil Papa geworden. Hat er mir eben zugenickt? Egal, grüße in Gedanken zurück und betrachte das Fenster der Neuen unten drunter. Sie wohnen seit ein paar Wochen hier. Kann ihre Osterdekoration sehen. Es ist Mai. Macht nichts. Oben drüber hängt der Weihnachtsstern auch das ganze Jahr. Ist wenigstens mal nicht für die Leute. Von hier aus ist alles nur ein bisschen für mich.

Alice verwundert

April 25th, 2015

Jetzt gab sie Alice ein so schönes Kompliment. Dass es sei, als ob mit ihr die Zwanziger Jahre zur Tür herein wehen. Eins zum anderen. Man kennt sich hier im Café. Der Herr am Tisch verweist auf allerlei Feierlichkeiten, die man in diesem Stil veranstalte und wie nett. Er lächelt stolz. „Zu viele verkleidet, zu wenig fühlend“ erwidert Alice in ihrer Überzeugung. Mit einem Wermutstropfen hatte er nicht gerechnet. Zumal fast ein Absinth. Und gleich die Batterie mit Verteidigungsargumenten. Schnell sucht Alice Ausweg und das Gespräch zu jener, die ihr das Kompliment machte. Jene fügt nun hinzu, dass es Mut brauche, sich der uniformen Gesellschaft zu entziehen und sie das sehr bewundere. So hatte es Alice bisher nie betrachtet. Ist wirklich Mut erforderlich, das eigene Selbst zu leben? Sind wir am Ende gar nicht so frei, wie wir immer behaupten? Alice verlässt verwundert das Café – ihr Kompliment bei sich.

Thanx to Sash Lewis.